13. Türchen – Umgang mit Übergriffen

[English]

Inhaltswarnung: rassistische, sexistische, transfreindliche, homofeindliche, ableistische Übergriffe

Tagtäglich finden vor allem in privaten, aber auch in öffentlichen Räumen unzählige Übergriffe statt. Das geht von aktiven Belästigungen bis zu direkten Übergriffen oder Diskriminierungen und Gewalt.
Im heutigen Türchen möchten wir euch ein paar Strategien vorstellen, wie ihr euch verhalten könnt, wenn ihr solche Situationen beobachtet. Dabei geht es hauptsächlich um Situationen, in denen Menschen, die du nicht kennst, diskriminiert werden.
Die 5 Ds, die wir euch vorstellen wollen stammen aus einem Workshop einer Schwarzen Aktivist*in aus dem Umfeld des Orgateams, der sich ursprünglich auf rassistische Übergriffe fokussierte und in Absprache mit der Person als Grundlage für dieses Türchen verwendet wird. Die 5 Ds sind auch sehr gut auf z.B. sexistische, homo- und transfeindliche oder ableistische Übergriffe übertragbar.

Wenn dir diskriminierendes Verhalten auffällt, solltest du immer einschreiten. Vorher solltest du allerdings auch überprüfen, ob deine eigene Sicherheit in der Situation gerade gefährdet ist. Falls du mit der Situation überfordert bist oder sie gefährlich für dich werden könnte, ist es besser Hilfe zu holen. Schweigen, zusehen und nichts tun, sollte niemals eine Option sein! Hier stellen wir die sogenannten 5 D’s vor – also 5 verschiedene Möglichkeiten einzugreifen. Sie stehen in keiner besonderen Reihenfolge. Jede*r wird andere Methoden einsetzen – diese können übrigens auch verbunden werden.

Distract (Ablenken)

Eine „unaufällige“ und kreative Möglichkeit, um einzuschreiten. Das Ziel ist den Vorfall zu unterbrechen und dabei dendie Täterin zu ignorieren. Sprich direkt die betroffene Person auf etwas an, das gar nicht im Zusammenhang mit dem Vorfall steht. Beispiele:

  • so tun als ob du die Person kennst
  • vorgeben sich verlaufen zu haben
  • nach der Uhrzeit fragen
  • zwischen die Personen gehen und was du gerade machst dort fortführen
  • etwas absichtlich fallen lassen

Delegate (Delegieren, Aufgaben verteilen)

Andere Menschen im Umfeld nach Hilfe fragen. Je nachdem wo die Situation vorfällt, können andere Menschen angesprochen werden. Dann kann auch zusammengearbeitet werden. Beispiele:

  • Angestellte in Geschäften
  • Busfahrer*innen
  • Security-Personal, z.B. in Clubs oder auf Konzerten
  • Versammlungsleitung auf Demos
    Achtung: bevor die Polizei gerufen wird, sollte das mit der betroffenen Person abgeklärt werden!

Document (Dokumentieren, Aufschreiben oder Filmen)

In manchen Situationen kann es hilfreich sein den Vorfall zu dokumentieren oder zu filmen. Diese Methode sollte erst genutzt werden, wenn schon Menschen einschreiten beziehungsweise eine andere Methode gleichzeitig genutzt wird. Auf deine eigene Sicherheit solltest du auch achten. Das Video sollte NIEMALS ohne Erlaubnis online gepostet werden! Was dann mit der Aufzeichnung geschieht, sollte immer die betroffene Person entscheiden.

Delay (Verzögerte Reaktion)

Wenn es dir nicht möglich ist während der Situation einzugreifen (weil z.B. deine eigene Sicherheit gefährdet ist) kann es wichtig für die betroffene Person sein, nach der Situation Unterstützung zu bekommen. In vielen Fällen passiert der Vorfall auch zu schnell, um rechtzeitig einzugreifen. Beispiele:

  • fragen, ob du irgendwie helfen und unterstützen kannst/darfst
  • fragen wie es der Person geht
  • anbieten mit der Person ein Stück zu gehen oder eine Weile am Platz zu sitzen
  • falls der Vorfall dokumentiert wurde, die Person fragen, ob sie das Video haben möchte
  • anbieten gemeinsam den Vorfall bei der Polizei zu melden oder eine Anzeige zu stellen

Direct (Direkt benennen/ ansprechen/ adressieren)

Den Angriff/ Vorfall direkt als rassistisch, sexistisch, homophob, klassistisch etz. benennen. Die Methode ist nicht immer sinnvoll, weil sich der Angriff dann auf dich richten kann oder die Situation schlimmer werden kann. Zuvor solltest du abschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Situation eskaliert und ob alle betroffenen Personen sicher sind. Falls du die betroffene Person kennst, kannst du vielleicht auch besser einschätzen, welches Verhalten die Person sich von dir wünschen würde.
Wenn du so vorgehst, ist es wichtig keine Diskussion anzufangen, sondern den Vorfall kurz zu benennen und sich dann um die betroffene Person zu kümmern.

❓ Reflexionsfragen

  • Warst du schonmal in einer Situation, in der jemand übergriffig war? Wie hast du reagiert?
  • Welche Methode würdest du wahrscheinlich am ehesten nutzen?
  • Falls du selbst angegriffen werden solltest, welches Verhalten würdest du dir von fremden Beobachter*innen wünschen?

Schickt euer Feedback weiterhin gerne an kritischer_adventskalender@riseup.net